Nachrichten
23.08.2021
Auch 2x2Forum für Outsider Art in Münster verschoben
Statt Herbst 2021 erst 6. bis 9. Oktober 2022Münster. Wie der Veranstalter Kunsthaus Kannen über seine Website mitteilt, ist die zunächst für 30.09. bis 03.10.2021 (wir berichteten) angekündigte siebte Ausgabe der 2x2 Forum für Outsider Art-Messe im eigenen Haus auf dem Gelände des psychiatrischen Alexianer-Klinikums in Münster aufs nächste Jahr verschoben. Vermutlich waren Unsicherheiten aufgrund der weiter bestehenden Pandemiesituation ausschlaggebend für die Verlegung. Als neuer Termin ist Donnerstag, 6. Oktober bis Sonntag, 9. Oktober 2022 angegeben. Leider ist unabhängig von der Website ein Flyer zum alten Termin noch im Umlauf und im Netz.
Rund 20 Aussteller aus dem In- und Ausland - darunter viele Ateliers und Galerien sozialer Träger - präsentieren dann wieder Bilder und Objekte von Künstler*innen mit psycho-sozialen oder mentalen Handicaps. Das Forum will eine internationale Plattform für den Ideenaustausch rund um den Bereich der sogenannten Außenseiterkunst innerhalb der zeitgenössischen Kunst darstellen. Auf der viertägigen Kunstmesse werden auch Projekte aus dem Umfeld Kunst, Soziales und Psychiatrie vorgestellt und diskutiert. Bestehende Netzwerke werden vertieft und neue Kontakte geknüpft. Mitmachaktionen, Podien, Vorträge und Lesungen ergänzen das Programm. Der Termin zieht an Kunst und sozial interessierte Besucher von nah und fern an.
- Foto: G. Peitz, 2019 -
www.kunsthaus-kannen.de/ausstellungen/vorschau-detail-ansicht/ankuendigung-2x2forum-2021Rund 20 Aussteller aus dem In- und Ausland - darunter viele Ateliers und Galerien sozialer Träger - präsentieren dann wieder Bilder und Objekte von Künstler*innen mit psycho-sozialen oder mentalen Handicaps. Das Forum will eine internationale Plattform für den Ideenaustausch rund um den Bereich der sogenannten Außenseiterkunst innerhalb der zeitgenössischen Kunst darstellen. Auf der viertägigen Kunstmesse werden auch Projekte aus dem Umfeld Kunst, Soziales und Psychiatrie vorgestellt und diskutiert. Bestehende Netzwerke werden vertieft und neue Kontakte geknüpft. Mitmachaktionen, Podien, Vorträge und Lesungen ergänzen das Programm. Der Termin zieht an Kunst und sozial interessierte Besucher von nah und fern an.
- Foto: G. Peitz, 2019 -
22.08.2021
4. Art Brut-Biennale in Hengelo erst Mai 2022
Erneut verschoben wegen Pandemie und Wechsel der MessehalleHengelo (Niederlande). Wie der Veranstalter über seine Website mitteilt, ist die vierte Art-Brut-Biennale in Hengelo um ein weiteres Jahr verschoben, nachdem diese bereits 2020 ausfiel. Die letzte Ausgabe fand in 2018 statt. Auf dieser besonderen (so genannte) Außenseiterkunst-Messe wird originäre Kunst von Künstler*innen mit geistigen Handicaps, psycho-sozialen Einschränkungen bzw. Psychiatrieerfahrung präsentiert. Daneben gibt es Workshops, Vorträge, Filme, Lesungen, Livemusik und Performances. Wegen der Pandemie war 17. bis 26. September 2021 als Alternativtermin angekündigt worden. Doch auch dieser ist gecancelt worden. Neuer Termin ist der 13. bis 22. Mai 2022, mit der Eröffnung am 13. Mai. Zusätzlicher Grund der Verschiebung ist, dass ein Wechsel der location erforderlich wurde. Bisher fand die Veranstaltung in der alten Industriehalle von Hazemeijer statt, die wegen Bauplänen nicht mehr zur Verfügung steht. Eine Ersatzhalle mit mehr als 3000 Quadratmetern scheint für nächstes Jahr mit dem ehemaligen V&D-Gebäude gefunden zu sein.
Im Zusammenhang mit der erneuten Terminverlegung gibt es auch gute Nachrichten. Wie holländische Medien berichten, hat der Event von der niederländischen Provinz Overijssel einen höheren Status erhalten, was mit einer stärkeren öffentlichen Bezuschussung einhergeht. Die soll jetzt für die Ausrichtung der nächsten zwei Biennalen bei gesamt über 114.000 Euro liegen. Die Kulturveranstaltung hat sich über die Zeit zu einem internationalen Erfolg entwickelt. 2018 waren rund 800 Werke von 150 Kunstschaffenden zu sehen. Etwa 15.000 Menschen besuchten die dritte Biennale in Holland, die sich somit in Europa zu einer der größten Messen ihrer Art etabliert hat. Neben niederländischen Künstler*innen nehmen auch Deutsche, Russen, Polen, Franzosen oder Dänen teil. Jetzt sucht das Organisationskomitee noch Ausstellende aus Japan und Afrika.
(Logo: Veranstalter)
www.artbrutbiennale.nlIm Zusammenhang mit der erneuten Terminverlegung gibt es auch gute Nachrichten. Wie holländische Medien berichten, hat der Event von der niederländischen Provinz Overijssel einen höheren Status erhalten, was mit einer stärkeren öffentlichen Bezuschussung einhergeht. Die soll jetzt für die Ausrichtung der nächsten zwei Biennalen bei gesamt über 114.000 Euro liegen. Die Kulturveranstaltung hat sich über die Zeit zu einem internationalen Erfolg entwickelt. 2018 waren rund 800 Werke von 150 Kunstschaffenden zu sehen. Etwa 15.000 Menschen besuchten die dritte Biennale in Holland, die sich somit in Europa zu einer der größten Messen ihrer Art etabliert hat. Neben niederländischen Künstler*innen nehmen auch Deutsche, Russen, Polen, Franzosen oder Dänen teil. Jetzt sucht das Organisationskomitee noch Ausstellende aus Japan und Afrika.
(Logo: Veranstalter)
20.08.2021
Der Mensch ist fragil und hat viele Gesichter
Erstausstellung im Lütticher Trinkhall-Museum bis 2022. Neue öffentliche BibliothekDAS IDEALE MUSEUM ALS SEGELSCHIFF
Angesichts von Fragilität durch eine Pandemiezeit, richtet sich das Lütticher Outsider Art-Zentrum Trinkhall in seinen neuen Räumlichkeiten im Avroy-Park seit der Eröffnung 2020 umso zielstrebiger weiter ein. Am Ort einer ehemaligen bürgerlichen Kurhalle (1880 als Trinkhall-Spa) steht in diesem Stadtpark jetzt ein modernes Museum und Dokumentationszentrum für so genannte Außenseiterkunst. Im Foyer begrüßt uns die Schiffs-Plastik „Le musée idéal“ des ortsansässigen CRÉAHM (zu diesem Träger siehe weiter unten)-Künstlers Alain Meert. Meert beantwortete die an ihn gestellte Frage „Was ist ein Museum?“ mit diesem seinem Schiff. Mit Kunst und Künstlern als Kapitänen, Freibeutern, Geflüchteten, Rettern, Geretteten..
Die Ausdruckskraft fragiler Welten, Zeiten und Menschen gehört zentral zum Konzept des Trinkhall-Hauses, wie sein künstlerischer Direktor Carl Havelange gerne betont. Dabei spricht er lieber von “art situé”, einer über die Umgebung, die Verortung ihrer Entstehung und Rezeption definierten Kunst, um sich von Begrifflichkeiten wie Art Brut und Outsider Art (wenn und wo diese noch stigmatisierend wirken) abzugrenzen. Fest bleiben wird hoffentlich auch die Präsentation von Arbeiten aus dem Nachlass des aufgrund seines Alters nicht mehr aktiven gehandicapten Textilkünstlers Pascal Tassini aus Liège, installiert im “Champignon”-Teil des Trinkhall. Obsessiv hat er Funktionsgegenstände wie etwa eine Haushaltsleiter mit Textilresten umsponnnen und zur Kunstskulptur modifiziert. Sein “Cabane”-Atelier, ein imposanter selbstgeschaffener Stoff-Wigwam, konnte gleichfalls hierhin gerettet werden. Tassinis Werke wurden 2017 von der Pariser Premiumadresse Galerie Christian Berst gezeigt.
ALLE HABEN NICHTS ZU GEWINNEN
Der hintere Teil im Erdgeschoss ist unter dem Motto „À tout n’a rien gagner“ monografisch Jean-Michel Wuilbeaux gewidmet. Der 1968 in Valenciennes geborene Wuilbeaux besucht seit 1990 die Werkstatt Pommeraie (Beloeil), wo er ein außergewöhnlich intensives Opus malt und ver-textet, auf Leinwand oder losen Blättern. Seine Bildwerke mit Zeichnungen und integrierten, oft rätselhaften Worten bewegen sich motivisch zwischen Freiheit und Vorgefasstheit.
BIBLIOTHEK MIT ÜBER 2.000 KATALOGISIERTEN DRUCKERZEUGNISSEN
Ein großer heller Raum im Parterre ist jetzt zur öffentlichen Bibliothek geworden (unser Foto zeigt Trinkhall-Pressereferentin Muriel Thies darin), zugänglich für Leser, Studentinnen, Forscher*innen und alle Interessierten aus nah und fern. Bücher und Zeitschriften sind übersichtlich in großen Regalen geordnet, die sich über die gesamte Länge des Lesesaals erstrecken. Auch Kurse, Seminare und Konferenzen sind hier organisierbar. Die Bibliothek soll “das pulsierende Herz des Museums” sein, ein Archivzentrum, ein Ort der Forschung, Meditation, Begegnung und Nachahmung. So Trinkhall in der Selbstdarstellung. Im Bestand sind über 2.000 sorgfältig katalogisierte Druckerzeugnisse versammelt – Bücher, Zeitschriften, Ausstellungskataloge, Broschüren –, zusammengeführt in mehreren Jahrzehnten, seit der Zeit der Einrichtung als MAD-Museum an der vorherigen Adresse in der rue Fabry und mit den Anfängen im Avroy-Park seit 2003. Sie weisen neben der Kunst in Werkstätten und der Arbeit der in der Trinkhall-Sammlung vertretenen Künstler die Wahrnehmungs- und Nutzungsweisen von "Kunst an den Grenzen der Kunst" nach, kreiert von talentierten Kunstschaffenden mit mentalen und psychischen Handicaps, in Ateliers jenseits von Ergo- und Psychotherapien. Es geht um freie künstlerische Förderung, ohne therapeutisches Personal und Setting, unter Assistenz von nicht-gehandicapten “normalen” Künstlern aus bildender und darstellender Kunst oder per Unterstützung durch journalistische und galleristische Kräfte. In gleichberechtigter Anerkennung von Werk und Schöpfern. Verwirklichte Integration.
Eine Rubrik der Bibliothek befasst sich gesondert mit Architektur und im gesamten Fundus finden sich neben dem Gros an französischsprachiger Literatur ebenso deutsch- und englischsprachige Titel. Zusätzlich wird hier seit 2019 das Archiv von CRÉAHM Liège (Création et Handicap Mental, gegr. 1979 vom Künstler Luc Boulangé; vgl. https://creahm.be) betreut und derzeit inventarisiert. Aus deren Atelierarbeit stammt ein zentraler Teil der Trinkhall-Kunstsammlung. Mehrere hundert Videokassetten werden gerade digitalisiert, welche die Geschichte dieser besonderen Künstlerwerkstätten seit den 1980er Jahren sowie der internationalen Bewegung in diesem gesellschaftlichen Sektor festhalten. Schließlich will das systematisch erfasste Trinkhall-Archiv als wertvolles Rechercheinstrument dienen.
„GESICHTER/GRENZEN“-AUSSTELLUNG VERLÄNGERT
Die Eröffnungsausstellung „Visages/Frontières“ (Gesichter/Grenzen), die durch eine hochkarätige Werkeauswahl und eine versierte Darstellung in der hellen Architektur des Hauses mit seinen zwei Ausstellungsetagen, einem Kabinettraum und dem nach außen gelagerten pilzförmigen Gebäudeteil besticht, ist wegen der Pandemiezeit bis Februar 2022 verlängert worden. 80 spannende Bilder und Skulpturen bekannter und weniger bekannter Namen der Außenseiterkunst, mehrheitlich aus Belgien (die meisten aus den CRÉAHM-Ateliers Liège und Brüssel sowie dem ähnlich arbeitenden La S Grand Atelier in Vielsalm), ferner aus England, USA, Italien, Frankreich oder Australien) scheinen im Trinkhall der Identitätsfrage nachzugehen. Ob bei Eric Derkenne, Christiane Dewaele, Pierre de Peet oder Iréne Gérard: Das „wer, was und wie bin ich?“ klingt wie ein roter Faden durch die Exposition. Einbezogen in die Face to Face-Kommunikation mit dem Betrachter sind ein Gemälde von Dubuffet sowie ein Selbstportrait von Rembrandt. Die gezeigten Gesichter überqueren sichtbar die Grenzen der Identität. So verblassen sie, spalten sich, reißen auseinander, greifen ineinander oder vermehren sich. Sie werden zu Zeugen zerbrechlicher, geteilter, verängstigter oder überfreudiger Lebewesen, im Bannkreis ihrer Umgebung.
• Trinkhall museum, Parc d’Avroy, B-4000 Liège. Tel. + 32 42223295, info@trinkhall.museum, www.trinkhall.museum (Eintritt). Mit angegliedertem Café-Bistro. 20 Gehminuten vom Gare Liège Guillemins. Der Bibliothekskatalog ist online verfügbar, der Lesesaal vor Ort nach Vereinbarung Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 10 bis 18 Uhr kostenlos zugänglich (Kopien für 10 Cent). Ansprechpartner ist Bibliothekar Antonin Joyeux, centredoc@trinkhall.museum
© Text und Foto: Gangolf Peitz, BKS Saar 2021. Alle Rechte beim Autor
Angesichts von Fragilität durch eine Pandemiezeit, richtet sich das Lütticher Outsider Art-Zentrum Trinkhall in seinen neuen Räumlichkeiten im Avroy-Park seit der Eröffnung 2020 umso zielstrebiger weiter ein. Am Ort einer ehemaligen bürgerlichen Kurhalle (1880 als Trinkhall-Spa) steht in diesem Stadtpark jetzt ein modernes Museum und Dokumentationszentrum für so genannte Außenseiterkunst. Im Foyer begrüßt uns die Schiffs-Plastik „Le musée idéal“ des ortsansässigen CRÉAHM (zu diesem Träger siehe weiter unten)-Künstlers Alain Meert. Meert beantwortete die an ihn gestellte Frage „Was ist ein Museum?“ mit diesem seinem Schiff. Mit Kunst und Künstlern als Kapitänen, Freibeutern, Geflüchteten, Rettern, Geretteten..
Die Ausdruckskraft fragiler Welten, Zeiten und Menschen gehört zentral zum Konzept des Trinkhall-Hauses, wie sein künstlerischer Direktor Carl Havelange gerne betont. Dabei spricht er lieber von “art situé”, einer über die Umgebung, die Verortung ihrer Entstehung und Rezeption definierten Kunst, um sich von Begrifflichkeiten wie Art Brut und Outsider Art (wenn und wo diese noch stigmatisierend wirken) abzugrenzen. Fest bleiben wird hoffentlich auch die Präsentation von Arbeiten aus dem Nachlass des aufgrund seines Alters nicht mehr aktiven gehandicapten Textilkünstlers Pascal Tassini aus Liège, installiert im “Champignon”-Teil des Trinkhall. Obsessiv hat er Funktionsgegenstände wie etwa eine Haushaltsleiter mit Textilresten umsponnnen und zur Kunstskulptur modifiziert. Sein “Cabane”-Atelier, ein imposanter selbstgeschaffener Stoff-Wigwam, konnte gleichfalls hierhin gerettet werden. Tassinis Werke wurden 2017 von der Pariser Premiumadresse Galerie Christian Berst gezeigt.
ALLE HABEN NICHTS ZU GEWINNEN
Der hintere Teil im Erdgeschoss ist unter dem Motto „À tout n’a rien gagner“ monografisch Jean-Michel Wuilbeaux gewidmet. Der 1968 in Valenciennes geborene Wuilbeaux besucht seit 1990 die Werkstatt Pommeraie (Beloeil), wo er ein außergewöhnlich intensives Opus malt und ver-textet, auf Leinwand oder losen Blättern. Seine Bildwerke mit Zeichnungen und integrierten, oft rätselhaften Worten bewegen sich motivisch zwischen Freiheit und Vorgefasstheit.
BIBLIOTHEK MIT ÜBER 2.000 KATALOGISIERTEN DRUCKERZEUGNISSEN
Ein großer heller Raum im Parterre ist jetzt zur öffentlichen Bibliothek geworden (unser Foto zeigt Trinkhall-Pressereferentin Muriel Thies darin), zugänglich für Leser, Studentinnen, Forscher*innen und alle Interessierten aus nah und fern. Bücher und Zeitschriften sind übersichtlich in großen Regalen geordnet, die sich über die gesamte Länge des Lesesaals erstrecken. Auch Kurse, Seminare und Konferenzen sind hier organisierbar. Die Bibliothek soll “das pulsierende Herz des Museums” sein, ein Archivzentrum, ein Ort der Forschung, Meditation, Begegnung und Nachahmung. So Trinkhall in der Selbstdarstellung. Im Bestand sind über 2.000 sorgfältig katalogisierte Druckerzeugnisse versammelt – Bücher, Zeitschriften, Ausstellungskataloge, Broschüren –, zusammengeführt in mehreren Jahrzehnten, seit der Zeit der Einrichtung als MAD-Museum an der vorherigen Adresse in der rue Fabry und mit den Anfängen im Avroy-Park seit 2003. Sie weisen neben der Kunst in Werkstätten und der Arbeit der in der Trinkhall-Sammlung vertretenen Künstler die Wahrnehmungs- und Nutzungsweisen von "Kunst an den Grenzen der Kunst" nach, kreiert von talentierten Kunstschaffenden mit mentalen und psychischen Handicaps, in Ateliers jenseits von Ergo- und Psychotherapien. Es geht um freie künstlerische Förderung, ohne therapeutisches Personal und Setting, unter Assistenz von nicht-gehandicapten “normalen” Künstlern aus bildender und darstellender Kunst oder per Unterstützung durch journalistische und galleristische Kräfte. In gleichberechtigter Anerkennung von Werk und Schöpfern. Verwirklichte Integration.
Eine Rubrik der Bibliothek befasst sich gesondert mit Architektur und im gesamten Fundus finden sich neben dem Gros an französischsprachiger Literatur ebenso deutsch- und englischsprachige Titel. Zusätzlich wird hier seit 2019 das Archiv von CRÉAHM Liège (Création et Handicap Mental, gegr. 1979 vom Künstler Luc Boulangé; vgl. https://creahm.be) betreut und derzeit inventarisiert. Aus deren Atelierarbeit stammt ein zentraler Teil der Trinkhall-Kunstsammlung. Mehrere hundert Videokassetten werden gerade digitalisiert, welche die Geschichte dieser besonderen Künstlerwerkstätten seit den 1980er Jahren sowie der internationalen Bewegung in diesem gesellschaftlichen Sektor festhalten. Schließlich will das systematisch erfasste Trinkhall-Archiv als wertvolles Rechercheinstrument dienen.
„GESICHTER/GRENZEN“-AUSSTELLUNG VERLÄNGERT
Die Eröffnungsausstellung „Visages/Frontières“ (Gesichter/Grenzen), die durch eine hochkarätige Werkeauswahl und eine versierte Darstellung in der hellen Architektur des Hauses mit seinen zwei Ausstellungsetagen, einem Kabinettraum und dem nach außen gelagerten pilzförmigen Gebäudeteil besticht, ist wegen der Pandemiezeit bis Februar 2022 verlängert worden. 80 spannende Bilder und Skulpturen bekannter und weniger bekannter Namen der Außenseiterkunst, mehrheitlich aus Belgien (die meisten aus den CRÉAHM-Ateliers Liège und Brüssel sowie dem ähnlich arbeitenden La S Grand Atelier in Vielsalm), ferner aus England, USA, Italien, Frankreich oder Australien) scheinen im Trinkhall der Identitätsfrage nachzugehen. Ob bei Eric Derkenne, Christiane Dewaele, Pierre de Peet oder Iréne Gérard: Das „wer, was und wie bin ich?“ klingt wie ein roter Faden durch die Exposition. Einbezogen in die Face to Face-Kommunikation mit dem Betrachter sind ein Gemälde von Dubuffet sowie ein Selbstportrait von Rembrandt. Die gezeigten Gesichter überqueren sichtbar die Grenzen der Identität. So verblassen sie, spalten sich, reißen auseinander, greifen ineinander oder vermehren sich. Sie werden zu Zeugen zerbrechlicher, geteilter, verängstigter oder überfreudiger Lebewesen, im Bannkreis ihrer Umgebung.
• Trinkhall museum, Parc d’Avroy, B-4000 Liège. Tel. + 32 42223295, info@trinkhall.museum, www.trinkhall.museum (Eintritt). Mit angegliedertem Café-Bistro. 20 Gehminuten vom Gare Liège Guillemins. Der Bibliothekskatalog ist online verfügbar, der Lesesaal vor Ort nach Vereinbarung Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 10 bis 18 Uhr kostenlos zugänglich (Kopien für 10 Cent). Ansprechpartner ist Bibliothekar Antonin Joyeux, centredoc@trinkhall.museum
© Text und Foto: Gangolf Peitz, BKS Saar 2021. Alle Rechte beim Autor