Nachrichten
15.10.2020
Technische Probleme
Liebe LeserInnen, KünstlerInnen, Partner und Outsider Art-Freunde,
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Für die Redaktion

Gangolf Peitz
03.10.2020
„Jean Dubuffet: Die Irrenanstalt“
Britisches Kurzvideo beschreibt Dubuffets Suche nach wahrer Kunst
London. Ein Kurzvideo in englischer Sprache, produziert von Helly Nahmad beim Independent British Art Establishment, beschreibt prägnant zusammengefasst Gedanken und Erlebnisse des französischen Malers und Kulturdenkers Jean Dubuffet (1901-1985) nach seinen Besuchen in Psychiatrieanstalten und Heimen nach 1945, auf der Suche nach kreativer Inspiration und echter Kunst.

Dubuffet entwickelte und prägte den Terminus Art Brut, als unverfälschte und (für ihn) reinste, somit höchste Kunst. Wahre Kunst müsse unnormal und eine Gegenkultur sein. So formuliert er auch in den Originaltönen dieses Kurzfilms, der trostlose Psychiatrie-Bilder eingeschnitten mittransportiert. Gerade in Kunstwerken psychiatrieerfahrener Menschen (be)fand er außergewöhnliche Qualität und nahm - nach eigenen ästhetischen Kriterien ausgewählte - Werke dieser in weltweite Ausstellungen und in seine eigene Sammlung so genannter Außenseiterkunst mit bzw. auf. Für ihn gab es keine Kunsttrennung.

Mit Argwohn, harscher Kritik und Unverständnis betrachtete er therapeutische und jedwede beeinflusst entstehende Kunst, sowie eine diagnostizierende, stigmatisierende Kunstinterpretation. Schließlich gebe es auch keine Kunst Knieleidender, so ein bekanntes Dubuffet-Zitat.

(c) Text: G. Peitz, 2020

Kurzfilm (3 Min.) "Jean Dubuffet: The Asylum", im Netz unter
www.vimeo.com/147029202
„Visages/Frontières“ und „Ici le temps s´arrête
02.10.2020
„Visages/Frontières“ und „Ici le temps s´arrête" in Lüttich
Neues Trinkhall-Museum thematisiert die Ausdruckskraft fragiler Welten
Liège. Statt wie geplant im März - wir berichteten - ist das neue wallonische Outsider Art-Zentrum Trinkhall (Foto: Carl Havelange, künstlerischer Direktor. September 2020 in seinem neuen Haus) erst am 18. Juni (und in einem zweiten Teil am 11. September) 2020 unter Pandemieauflagen fürs Publikum eröffnet worden. Die erste Jahresausstellung „Visages/Frontières“ (Gesichter/Grenzen) bestach durch hochkarätige Werkeauswahl und eine versierte Präsentation, adäquat eingebettet in die helle Architektur des Hauses mit zwei Ausstellungsetagen, einem Kabinettraum und dem nach außen gelagerten pilzförmigen Gebäudeteil. 80 spannende Arbeiten bekannter und weniger bekannter Namen der Außenseiterkunst, mehrheitlich aus Belgien (die meisten aus den CRÉAHM-Ateliers Liège und Brüssel und dem La ‚S‘-Atelier Vielsalm, für KünstlerInnen mit mentalen und psycho-sozialen Handicaps), aber auch aus England, USA, Italien, Frankreich und Australien waren zur „Face to Face“-Kommunikation mit dem Betrachter versammelt. Einbezogen waren zudem ein Dubuffet sowie ein Selbstportrait von Rembrandt.


DIE ZEIT STEHT STILL IN DER PSYCHIATRIE

Ebenso mit Verzug begonnen hatte die erste Ausstellung des Trinkhall an anderem Spielort in Liège: „Hier steht die Zeit still“ hieß die September zu sehende Präsentation von Hélène Tilman im Maison Renaissance - ein ehemaliges Klostergebäude - der Société libre d’Émulation asbl (Leiterin: Anne-Françoise Lemaire).

Tilman (Paris) thematisiert beherzt die Grenzen der Gesellschaft und schaut auf Parallelwelten. Nach Arbeiten zu städtischen Vororten und deren Bewohnern hat sie sich der Krankenhauswelt zugewendet, insbesondere der der Psychiatrie. Ihr jetziges Kunstprojekt wurde 2013 in der psychiatrischen Klinik Vauclaire (heute Centre Hospitalier Vauclaire, vgl. www.ch-montpon.fr/) in der Dordogne gestartet. Die Pavillons des Krankenhauses wurden ab 1919 um eine Kartause aus dem 14. Jahrhundert errichtet. Was früher Irrenhaus war, ist heute moderner Klinikbetrieb. Ein Jahrhundert Psychiatrie hallt durch die Mauern.

H.T.: „Dort fotografiere ich die Komplexität des Ortes, die Patienten, ihre schmerzhaften, halluzinierten oder ausgestorbenen Blicke, die Spuren ihrer Krankheit, ihre Narben. Ich denke an die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit dieser Krankheiten, die Schwierigkeit dessen, was wir nicht sehen können. Was wir zeigen können, was uns beschämt: die Behandlungen, die Internierung. Die Grenzen sind fragil“. In ihrer Fotopräsentation zieht sie sich künstlerisch zurück, um „verlorenes“ Leben respektvoll zu dokumentieren. Daher hat sie sich für Farb- statt Schwarz-Weiß-Aufnahmen (bis auf einige wenige Aufnahmen von Bäumen im Klinikpark) entschieden. Um trotz, oder gerade wegen der scheinbaren Stummheit und Leblosigkeit das Leben und die Würde der dort meist langfristig „untergebrachten“ Menschen zu verdeutlichen. Viele der PatientInnen dort kennen fast nur diesen Ort. Die Zeit steht still.


HÄNDE STATT GESICHTER

Emotionale Biografie findet Tilman motivisch vor allem in Händen und Füßen der Psychiatrieerfahrenen der Klinik Vauclaire, die sie behutsam für die Ausstellung vor die Linse nehmen konnte. Auch wenn das Gesicht das Persönlichste des menschlichen ‚Außen‘ ist, verbietet es sich für sie, verzerrte, entstellte Gesichter als Ergebnis seelischer Lebens-Erschütterungen, von Erkrankung wie auch durch Psychiatrie erzeugt (z.B. durch Neuroleptika) zu zeigen. Die gewählten Nahaufnahmen zeigten Betroffene, - machen den Betrachter betroffen, aber nicht traurig oder mitleidig. Menschliche Nähe, Augenhöhe und Respekt werden vermittelt und eingefordert.

Eine Vitrine dokumentierte ein spontanes Aktionsprojekt eines Krankenhausinternierten: Regelmäßig zieht ein Dauerpatient stumm seine blaue Mütze aus und legt ein Stück Papier mit wechselnden Texten darauf: Hinweis und Protest zum persönlichen Status Quo. Den Abschluss der Ausstellung bildete eine Gipsskulpturen-Installation (Foto) im abgedunkelten Turmzimmer des Maison. Tilman schlüpft mit Abgüssen ihrer Hände in die der Portraitierten: Entspannung, Aggression, Gleichmut usf. sind zu erkennen. Sind’s nicht normale Ur-Gefühle?

• Société libre d´Émulation asbl. Maison Renaissance, Rue Charles Magnette 9, B-4000 Lüttich. Tel. +32 (0) 4 223 6019. www.emulation-liege.be


DER KÜNSTLER ALS FREIBEUTER

Die Thematik Zerbrechlichkeit gehört zentral zum Konzept des Trinkhall-Museum. Am Ort einer ehemaligen bürgerlichen Kurhalle (aus 1880) ist seit 2015 im Lütticher Avroy-Stadtpark ein zeitgemäßes Outsider Art-Zentrum entstanden. Aus dem alten MADmusée (Musée de la Art Différencié) wurde Trinkhall. Im Eingang begrüßt uns heute die Schiffs-Plastik „Le musée idéal“. Ein Werk des ortsansässigen Créahm-Künstlers Alain Meert. Meert beantwortete die an ihn gestellte Frage „Was ist ein Museum?“ mit dieser Arche. Mit Kunst und Künstlern als Kapitäne oder gar Piraten?

• Trinkhall Museum. Parc d´Avroy, B-4000 Lüttich. Tel. +32 (0) 4 222 32 95

© Text und Foto: Gangolf Peitz, 2020
www.trinkhall.museum
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